Markus Schulte ist Mitgründer der Olmero und von Anfang an dabei. In diesem Interview erzählt uns der CEO der Olmero AG, wie es zu der Idee einer online Ausschreibungsplattform für die Bauwirtschaft kam und was das Erfolgsgeheimnis von Olmero ist. Ausserdem analysiert er potentielle Herausforderungen und wagt einen Blick in die Zukunft.

Du bist Gründer eines der ersten Internet-Startups und von der 1. Stunde an bei Olmero mit dabei. Olmeros Anfänge sind also auch deine Anfänge bei Olmero. Erzähl uns ein bisschen wie das alles zustande kam.

Oliver Behnen und ich waren Doktoranden an der ETH Zürich und haben uns mit Fragen des Baumanagements befasst. Damals, Anfang 2000, war das aufkommende Internet das grosse Thema und wir haben überlegt, wie die Bauwirtschaft davon profitieren kann. Uns war schnell klar, dass das Internet erstmals die Möglichkeit bietet, die Firmen der Bauwirtschaft besser zu vernetzen. Gerade die Bauwirtschaft ist dadurch geprägt, dass immer wieder Firmen in neuen Konstellationen an neuen Projekten miteinander arbeiten müssen. Ganz konkret war die erste Idee mit der Ausschreibungsplattform, die entsprechenden Partner für ein Projekt zusammenzubringen. Dies war die Kernidee von Olmero und dieser Netzwerk- und Kollaborationsgedanke ist auch heute noch unser Leitfaden.

Bei der Teilnahme am Venture Wettbewerb von der ETH Zürich und McKinsey haben wir den 2. Platz von 136 Teams erreicht. Da wir ausserdem schon gute Kontakte in der Bauwirtschaft hatten, haben wir uns gesagt, dass wir diese einmalige Chance nützen müssen.

Hattet ihr damals schon die Vision, dass Olmero mal so gross wird?
Ja, wir waren damals schon der festen Überzeugung, dass wir mit der Unterstützung aus der Bauwirtschaft und dem Internet die Branche nach vorne bringen und ihre Zukunft mitgestalten können.

20 Jahre Firmenjubiläum feiern ist für Digitalfirmen etwas Besonderes. Die meisten schaffen das nicht. Was ist Olmeros Geheimnis? Was sind die Erfolgsfaktoren?
Wir hatten immer das Glück, tolle Mitarbeiter und Kollegen zu finden, die unsere Ideen und Vorstellungen bezogen auf den Aufbau von Olmero geteilt haben. Da ist zum Beispiel Sébastien Howald, der wie ein Unternehmer die Olmero-Idee in der Romandie initiiert und weitergetragen hat, was sogar soweit geführt hat, dass die Romandie in einigen Performancezahlen die Deutschschweiz überholt hat.

Auch ein wesentlicher Erfolg von Olmero ist die Beharrlichkeit und dass wir trotz aller Widrigkeiten immer weitergemacht haben. Es gab vor allem am Anfang erheblichen Widerstand gegen unsere Produkte und die Digitalisierung im Allgemeinen. Das Durchhalten war nur möglich, weil unsere Mitarbeiter an die Idee geglaubt haben und wir stets zusammengehalten haben. Sie haben die User so gut unterstützt und begleitet, dass irgendwann der Punkt kam, dass es ins Positive gekippt ist. Als dann die ersten positiven Feedbacks eingingen, waren wir erst nicht sicher, ob die ernst gemeint waren. Wir waren es uns ja vorher fast gewöhnt, dass wir auf Widerstand stossen, aber dann wurde es schnell zum Selbstläufer. Das hat die DNA bis heute geprägt. Wir haben einen ausgesprochen starken Dienstleistungs- und Enabling-Ansatz.
Das ist auch ein Erfolgsfaktor aus Sicht der Kunden: Wir stellen nicht nur die digitalen Dienstleistungen bereit, sondern aus den Erfahrungen der Anfangsjahre ist auch tief verwurzelt ist, dass wir den Kunden dabei unterstützen, dass die Produkte in den Projekten vor allem auch mit den Menschen funktionieren und von ihnen akzeptiert werden. Nur dann funktioniert es auch. Das hat uns viele treue Kunden und gute Beziehungen beschert.

Diese hervorragende Basis müssen wir nutzen und mit einer Erweiterung der Produktpalette die Chance ergreifen und die Möglichkeiten nutzen, die uns die Digitalisierung immer noch in grosser Zahl bietet. Da investieren wir momentan sehr stark und sehr viel.

Inwiefern?
Wir haben vor allem im Bereich der Entwicklung massiv Ressourcen ausgebaut. Ausserdem arbeiten wir schon seit einer Weile agil nach Scrum. Dies war eine sehr grundlegende Veränderung und wir sind dabei die Zusammenarbeit kontinuierlich weiter zu verbessern und zu entwickeln. Hier bin ich wirklich stolz, dass so viele Mitarbeitende dem gegenüber positiv gestimmt sind und mitziehen.

Apropos Mitarbeiter: Heute ist es eigentlich Gang und Gebe, alle drei bis fünf Jahre die Stelle zu wechseln. Bei Olmero gibt es aber überdurchschnittlich viele schon sehr langjährige Mitarbeiter. Woran liegt das?
Ich glaube, dass wir den Einzelnen in ihren jeweiligen Bereichen viel Verantwortung geben. Damit sind wir immer gut gefahren und wir versuchen allen Mitarbeitern Entfaltungsspielraum zu bieten. Für mich zählt die Leistung, Einsatzbereitschaft und Loyalität, die jeder für Olmero bringt. Das war uns immer wichtiger als eine fancy Ausbildung auf dem Papier.
Ich finde es super, wie die Mitarbeiter bisher mit der Firma wachsen konnten. Alex Loy kam damals zum Beispiel als Leiharbeiter zu uns, weil wir dringend Unterstützung gebraucht haben. Er ist mittlerweile schon lange Leiter unseres ReproServices. Ich finde es schön, dass wir bei uns immer Platz dafür gehabt haben, nicht nur Projekte aufzubauen und zu begleiten, sondern auch Menschen. 
Und solche Geschichten hatten wir bei Olmero schon öfter. Deshalb ist mir das Wachstum der Firma auch so wichtig, weil ich allen auch die Chance geben will, dass sie mitwachsen können. Ich würde gerne weiter mit den vielen guten Leuten zusammenarbeiten und ihnen deshalb das nötige Umfeld dafür bieten können.

Wo siehst du Olmero in 20 Jahren und was, glaubst du, werden die grössten Herausforderungen? Auf was freust du dich am meisten?
Ich freue mich, mit den Leuten um mich den Weg weiterzugehen.Wichtig ist, dass sich auch in Zukunft weiterhin motivierte, gute Leute für uns interessieren und den alten und neuen Talenten in der Firma die Möglichkeit gegeben wird, sich zu entwickeln.. Nur so können wir unsere Innovationskraft beibehalten. 
Grundsätzlich ist meine Vision, mit innovativen und integrierten Produkten noch viel mehr Kunden und Projekte dabei zu unterstützen, ihre Projekte produktiver, d.h. schneller, berechenbarer und letztendlich erfolgreicher abzuwickeln. Ich sehe darin einen wichtigen Beitrag unsererseits. Die gebaute Infrastruktur nimmt einen erheblichen Teil der Umwelt ein, in der wir leben und sie muss damit ja auch Teil der Antworten der Herausforderungen sein, die wir ökologisch und gesellschaftlich haben. Wenn es uns gelingt, die Art zu verbessern, wie die bauliche Umwelt gestaltet wird und wie gebaut wird, dann ist das ein wichtiger Beitrag, den wir leisten können und auf den wir auch stolz sein können. Ich bin immer stolz, wenn ich in der Schweiz oder in Deutschland an Projekten vorbeikomme und sagen kann “Da haben wir unseren Beitrag zu geleistet.”

Meine Vision für in 20 Jahren ist natürlich auch, dass wir dann nicht nur hauptsächlich in der Schweiz tätig sind, sondern stärker international. Und dass wir uns nebst den Generalunternehmen auch bei Kundengruppen wie den Bauherren und Architekten noch stärker etablieren können. Dass die Daten, die wir den Kunden bereitstellen, sie wesentlich dabei unterstützen, ihre Projekte und Unternehmen besser zu führen. Und dass Olmero nicht mehr nur in erster Linie Synonym ist für Online Ausschreibungen oder Projekträume, sondern grundsätzlich für eine Plattform für die bessere und erfolgreichere Abwicklung von Projekten steht.

Du hast die ökologischen und gesellschaftlichen Herausforderungen angesprochen…
Bauen verbraucht immer noch zu viel (graue) Energie. Wir wissen, dass wir eher schneller als langsamer Infrastruktur erneuern müssen. Corona stellt ja gerade auch in Frage, wie und wo wir arbeiten. Ein Teil all dieser Antworten wird sicher auch baulicher Art sein. Je schneller man sie geben und umsetzen kann, desto besser. Deshalb ist es so wichtig, dass wir mit der Digitalisierung unseren Beitrag leisten, schneller, besser und günstiger zu bauen, damit wir helfen können, die Antworten schneller zu finden – in der Schweiz, aber natürlich auch global.

Olmero hat sich auf die Fahne geschrieben, die Bauwirtschaft zu verbinden? Wie wollt ihr das schaffen?
Die Digitalisierung ist in aller Munde. Firmen in der Bauwirtschaft nehmen teils signifikante Anstrengungen auf sich, um eine bessere Produktivität zu bekommen. Das bietet uns gute Chancen in der Zukunft, aber es führt natürlich auch zu immer mehr und auch neuem Wettbewerb. 
Meiner Meinung nach werden wir in Zukunft durch die bessere Vernetzung der einzelnen Prozesse, durch eine stärkere Standardisierung und der künftigen besseren Nutzung der über unsere Plattform gehandelten Daten eine noch grössere Rolle spielen als jetzt schon. Die Zukunft ist für uns und für alle herausfordernd. Sie bietet aber letztendlich mehr Chancen als Gefahren und deshalb macht sie mir auch keine Angst – im Gegenteil, ich freue mich drauf.

Olmero ist ein grosser Teil deines Lebens. Wie hast du Olmero verändert und wie hat Olmero dich verändert?
Ich habe immer versucht nicht nur den Verstand, sondern auch das Herz reinzubringen und war immer bemüht, auch den Einzelnen zu sehen. Der Erfolg wird von Menschen gemacht, deshalb ist es für mich wichtig, dass wir als Gruppe funktionieren. Ich bin jemand, der immer versucht, in jedem das Beste zu sehen. Im Business ist das vielleicht nicht immer optimal, aber ich glaube, man kommt damit im Leben schlussendlich am weitesten. Natürlich sind da mal schwarze Schafe dabei, in die man fälschlicherweise Vertrauen gesetzt hat, aber unterm Strich haben sich daraus unglaublich viele gute Leute entwickelt. Olmero hat mich in diesem Vorgehen bestätigt, weil wir zusammen gewachsen sind. Ich habe nicht nur Vertrauen und Loyalität gegeben, sondern viel mehr noch zurückbekommen. Ich sehe Olmero tatsächlich ein bisschen als eine Familie. 

Ein anderer Punkt ist, dass man meistens überschätzt, was man kurzfristig erreichen kann und dann aber unterschätzt, was man langfristig erreichen kann. Deshalb sehe und verstehe ich kurzfristig die Ungeduld, die Herausforderungen mit sich bringen, die ja aber auch unser Antrieb sein muss zur Veränderung. Ich habe aber die Zuversicht, dass wir langfristig trotz der Herausforderungen auf dem richtigen Weg sind. Dazu muss man sich den kurzfristigen Herausforderungen aber immer stellen.

Was beeindruckt dich nach 20 Jahren Olmero immer noch?
Es gibt immer noch unglaublich viele gute Ideen und die Olmero Mitarbeitenden leisten viel.
Was ich immer noch feststelle, ist, wenn wir zusammenkommen, wie stark mich das immer selbst motiviert. Wenn ich mit den Leuten rede, sind so viele gute Ideen und so viel Drive da. 

Als Schlusswort noch: Dieses Interview ist eine gute Möglichkeit, um sich an Kunden und Mitarbeitende zu richten. Hast du eine Botschaft für sie?

Hier möchte ich mich ganz klassisch einfach bedanken für die jahrelange Loyalität und Unterstützung – bei unseren Kunden und den “Olmeras und Olmeros”, wie wir sie nennen. 

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